by Sven Regener
Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.10.2021 (kopiert von perlentaucher.de)
Rezensent Paul Jandl braucht gar nicht mehr, als sich von Sven Regeners neuem Roman angenehm hin und her schaukeln zu lassen. In dessen Berlin der 80er Jahre dürfen die Leute einfach mal nichts tun, ohne dass das irgendwie relativiert würde, und Jandl findet das super: Gerne beobachtet er Frank Lehman dabei, wie er im Café “Einfall” seinen Milchkaffee aufschäumt, wie die Planung eines neuen Cafés versandet, wie die Menschen durch die schon damals unter “Denkmalschutz” stehende “gemütliche Servicewüste” der Berliner Gastronomie tingeln und dabei viel davon reden, was man tun könnte. Ein bisschen Kulturkampf mit vereinzelt auftretenden Wienern (namens P. Immel oder Kacki, schmunzelt Jandl) darf sein, aber hauptsächlich sind es die “Mikrodialoge berlinerischer Menschenseelen”, die den Kritiker in ihrer Unaufdringlichkeit bezaubern.
KLAPPENTEXT
Die Lage ist prekär: Charlie, Ferdi und Raimund wollen mit Glitterschnitter den Weg zum Ruhm beschreiten, aber es braucht mehr als eine Bohrmaschine, ein Schlagzeug und einen Synthie, um auf die Wall City Noise zu kommen. Wiemer will, dass H. R. ein Bild malt, aber der will lieber eine Ikea-Musterwohnung in seinem Zimmer aufbauen. Frank und Chrissie wollen die alte Trinkerstube Café Einfall zur kuchenbefeuerten Milchkaffeehölle umgestalten, aber Erwin will lieber einen temporären Schwangerentreff etablieren. Chrissie will, dass Kerstin endlich zurück nach Stuttgart geht, aber die muss erst noch Chrissies neuen Schrank an der Wand befestigen. Die Frage, ob Klaus zwei verschiedene Platzwunden oder zweimal dieselbe Platzwunde zugefügt wurde, ist noch nicht abschließend geklärt, aber bei den Berufsösterreichern der ArschArt-Galerie werden bereits schöne Traditionen aus der Zeit der 1. Ottakringer Shakespeare-Kampfsportgesellschaft wiederbelebt.
Facts:
English title: N/A
Original title: Glitterschnitter
Published: 2021